BRASILIEN


Rio de Janeiro


Unser Flug war anstrengend, verlief aber problemlos. Wieder haben wir einen Zeitsprung gemacht, wir sind jetzt nur noch 3 Stunden früher dran als ihr Lieben in der Schweiz. Bei der Zwischenlandung in Sao Paulo stach mir der erste Eindruck von Brasilien markant ins Auge: hier gibt es wahnsinnig viele wunderschöne Menschen. Besonders krass nach Bolivien, wo man kaum ein hübsches indigenes Gesicht sieht, höchstens ein ganz altes oder junges. Tut mir leid, Aymaras, Guaranis und Quechuas; ich finde eure Nachkommen fett und hässlich. Es gibt einige herausragende Ausnahmen, die wirklich sehr nett und intelligent und auch huepsch sind, aber eben - Ausnahmen. Die Brasileros stammen scheints von einer wilden und bunten Mischung verschiedenster Rassen ab, die bolivianischen Bauern haben in den abgelegenen Pueblos irgendwie mangelernaehrten Inzest gezüchtet. So oder so ähnlich wars.

Am Flughafen habem uns Angel und Armonia laut schreiend wie lang vermisste Familienmitglieder begrüsst. Tatsächlich sind wir alte Freunde, obwohl wir uns damals vor 3 Jahren nur 2 Wochen lang gekannt haben. Die Begegnung war ein Geschenk des Himmels, weil wir nichts dringender nötig hatten als ein Kind, das mit Damaris spielt. Armonias Mutter war grad auf und davon, und Angel mit Herzschmerz, Tochter und VW Comby reiste musizierend durchs Land. Die beiden Mädchen haben sich sofort befreundet, Sprachbarrieren haben sie einfach niedergespielt. Ich habe die Chicas beaufsichtigt, Angel hat Musik gemacht und uns mit dem Comby kutschiert. Das war ein gutes Arrangement. Zu eurer Information: Damaris hat sich damals in Ecuador immer mit ihrem dritten Namen, Santosha, vorgestellt, was zur Folge hat dass sie nun im Brasilien ebenso heisst. Ich werde sie auch so nennen, solange wir hier sind.

Santosha, Armonia und der Comby in Ecuador anno 2013


Und da sind wir jetzt, in der Favela Vidigal, mit den beiden hyperaktivsten Menschen mit denen ich je gelebt habe, am Rande von Rio de Janeiro.

In der Favela.

Könnt ihr euch vorstellen, was das heisst? Wohl kaum, es sei den ihr wart schon mal in einer Favela.... Nach 2 Monaten im Bush, meistens alleine mit meinem Kind, bin ich jetzt auf engstem Raum mit Millionen von Menschen. Wir leben mit Angel und Armonia in ihrer winzigen, feuchten Wohnung, mit nur einem feuchten Bett und ohne jede Rückzugsmöglichkeit. Es ist hier immer feucht vom Meer, alles schimmelt, es ist immer laut, es stinkt überall ganz erbärmlich, so dass ich mich frage, wie ich das mit meiner empfindlichen Nase nur aushalten soll... ich habe viel zu wenig Räucherstäbchen mit. Alles hier scheint mir giftig, vor allem das Leitungswasser, das Essen, welches mich eklig dunkt, die Luft, die Tiere, alles ist irgendwie kontaminiert...

Ich glaube, um hier überleben zu können, muss ich mich krass transformieren. 

Nichts desto trotz ist es wunderschön hier...

Hallucinante.

Hermoso!

Ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben an so einem verrückten Ort wie Rio de Janeiro.

Da Worte kaum beschreiben können, wie es sich anfühlt hier zu sein, lasse ich euch ein paar Bilder da....

 

Willkommen in Vidigal, wo sich zwischen spitzen Felsen und Meer viele kleine Häuschen in einem wilden Labyrinth von tausenden von winzigen Gässchen und Treppen angehäuft haben, und in den verwinkelten Strassen zwischen Felsen, Dschungel und primitiven Behausungen leuchten viele bunte Graffitis, kriechen giftige Schnecken, scheissen alle Hunde und machen fröhliche Menschen den ganzen Tag Musik..... taucht mit mir ein in eine andere, völlig durchgeknallte, gefählich schöne Welt!

 

Favela Vidigal


Unsere neue Bleibe


Damit ihr euch vorstellen könnt, wie wir jetzt leben, hier ein paar Fotos von Angel und Armonias Zuhause. Es sei gesagt, dass alle Steckdosen schimmeln und Brandspuren aufweisen, weshalb es auch nicht verwunderlich ist, dass die einzige elektrische Kochplatte, die wir hatten, am zweiten Tag kaputt gegangen ist...... seither kann ich morgens keinen Kaffee mehr kochen und auch Essen für die Kleinen müssen wir auswärts besorgen....

Leider hab ich scheints wieder mal den Regen mitgebracht. Seit wir da sind, schiffets. Wieder können wir nicht aus dem Haus. Es ist zwar wenigstens warm, aber feucht. Sehr feucht. Meine Kleider stinken übel. Mein Bett auch. Habe ich schon erwaehnt dass es hier stinkt? Meine Freunde in Bolivien lachen mich aus, sie sagen dass ich die Enkelin von Abuela Grillo bin, weil mir der Regen überallhin folgt. Was, wenn sie recht haben?

 

Ah, ihr kennt Abuela Grillo nicht? Ihr solltet sie umbedingt kennenlernen. Eine gute, wahre Geschichte, wunderschön illustriert mit sehr bolivianischen Bildern. Hier ist sie:

 

https://www.youtube.com/watch?v=AXz4XPuB_BM

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Favelakoller


Rio de fucking Janeiro. Es ist absehbar, dass ich es nicht sehr lange hier aushalten werde.... ich arbeite an einem Fluchtplan. Obwohl die Stadt wunderschön ist und Santosha schwer ins Meer verliebt, sie möchte jeden Tag an den Strand gehen. Und dort ist sie dann wirklich sehr, sehr gluecklich. Die ganze Stadt ist voll von wunderschönen Graffitis, am liebsten moechte ich sie alle fotografieren, aber es ist nicht ratsam, ständig mit dem gezückten Fotoapparat rumzulaufen. Aber die öffentliche Kunst hier erstaunt mich immer wieder, nach jeder Kurve entfalten sich neue, grandiose und abgefahrene Bilder auf allen Oberflächen. Die Polizei ist hier allgegenwärtig, immer mit der Waffe im Anschlag, die sie auch ohne Umstände auf einen richten. Ich weiss nicht ob ich mich jetzt sicher fühlen soll.... die machen mir ja auch Angst.

Ich verstehe meistens, was die Menschen hier mir zu sagen versuchen, wenigstens grob umfassend das Thema kann ich erraten. Portugiesisch ist nicht so schwer, wenn man schon Spanisch kann, deshalb radebreche ich auch was ich kann, in der Hoffnung dass ich mich bald gut verständigen kann und nicht mehr abhängig bin von meinen Freunden. Ja, ich habe schon Freunde gefunden, die auch spanisch sprechen. Zum Beispiel Daniela aus Chile mit ihrem Sohn, die Angel und uns besuchen kam. Sofort hat sie die Situation erfasst und mir angeboten, dass ich notfalls auch bei ihnen wohnen könnte. Das Problem ist nur, ich habe sie besucht - und sie wohnt in einer Art Hostal, sie teilt ihr Zimmer ausser mit ihrem Sohn noch mit 4 anderen Menschen. Die anderen Zimmer sind ähnlich belegt, es gibt nur eine kleine Küche fuer etwa 20 Personen. Da bin ich bei Angel, dem Wirrkopf, glaubs besser dran, obwohl wir nach wie vor nicht kochen können, und obwohl Angel und Armonia uns tierisch auf den Sack gehen, weil sie ununterbrochen auf uns einreden und uns sagen wollen, wie wir was zu tun hätten. Das können wir gar nicht ab. Sie sind wahnsinnig schwierig im Umgang, aber sie meinen es todlieb, sie freuen sich so dass wir da sind....... ich freue mich nicht mehr so. Die Comby Sache geht gar nicht vorwärts, es ist alles sehr kompliziert hier. Ich muss mir einen Natelchip organisieren, damit wir überhaupt unsere Kontakte anrufen können. Aber um einen solchen Chip zu besitzen, musste ich erst ein CPF machen, eine Art Sozialversicherungsnummer, glaub ich. Dazu musste ich aufs Amt und blablabla....  dann muss man die Scheiss-Simkarte registrieren, und ich habe bis jetzt noch nicht herausgefunden, wie das geht. Ich habe alle gefragt die ich getroffen habe, aber niemand weiss es genau, auch die nicht, die schon ein Natel haben. Angel hat seit 5 Jahren kein Natel mehr - er weiss nicht einmal was ein SMS ist.... mal sehen ob das mit dem Telefonieren heute klappt. Falls innerhalb einer Woche nicht ein realer Comby in Aussicht steht, haue ich hier ab und gehe nach Bahia zu Fabio. Ein Comby und die ganze Kompliziertheit ist die Schönheit und Gefährlichkeit von Rio nicht wert, echt nicht. Ausserdem fürchte ich um unsere Gesundheit, die ganze Wohnung schimmelt nämlich, und wir essen nur Scheisse, da wir nicht kochen können und in den hiesigen Supermercados gibt es einfach nur Scheisse zu kaufen.

Vielleicht muss ich meinen Traum begraben.... es sei denn, es taucht noch ein Büssli auf, aber es muss da in meinem Weg stehen und auf mich warten, weil ich es mir gewünscht habe, sonst geht das nicht. Alles soooo kompliziert und ich bin immer angewiesen auf Menschen, die mir helfen. Angel und ich sind sehr auf uns angewiesen, ich wegen dem Comby, mit dem ja gar nix geht und wegen der Wohnung, er, damit ich auf Armonia aufpasse während er in der Metro Musik macht, um Geld für sein Auto zu verdienen. Er will sich ja auch ein Auto kaufen, einen Käfer, um damit in den Sommerferien zu reisen. Er würde uns auch mitnehmen nach Bahia, aber ich glaube nicht dass er bis nächste Woche das Geld zusammen hat.... Es wäre günstig, mit ihm mitzufahren, aber es wäre auch schön, wieder unabhängig zu sein...

Meine andere Freundin, Isis, kommt aus Spanien und wohnt ganz in der Nähe bei einem Artesano-Ehepaar und deren Kindern. Sie alle wollen nächste Woche ans Universo Paralello, ein Festival in Bahia, vielleicht schliesse ich mich ihnen an und reise mit dem Autobus mit.

Ich bin mega froh dass ich Isis getroffen habe, sie ist Europäerin wie ich und wir snd vom selben Holz, Sie versteht mich so gut überall da, wo Angel gegenteiliger Ansicht ist, und das ist viel. Sie raucht Joints so wie ich, mit Tabak und Filter, eine Schwester im Geiste, wie Carmen Luz. Die Latinos rauchen das Gras immer pur, eingehüllt in einen Fetzten Papier, der fast verfetzt und die Konstruktion zieht rein gar nichts, Isis sagt, denen fährt nur der Oxigen-Mangel ein, vom vielen Saugen. Alle saugen also dem Gebilde bis es tropft... nein Danke. Wir beide nehmen sowas nicht in den Mund. Umgekehrt rauchen die Latinos keinen Tabak, ihnen wird schlecht davon. Ist mir auch recht, ich rauchs eh lieber selber. Habs auch bitter nötig hier....

 

Danjela und der Schneck
Danjela und der Schneck
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BAHIA


Im Paradies


Da in Rio nix mehr ging mit Combys und ich mich ausserdem von Angel in einem freundschaftlichen Stadium verabschieden wollte, sind wir vor einer Woche nach Ilheus zu Götti Fabio gereist. Das waren 20h im Bus, zum Glück klimatisiert. Nacher war ich allerdings erkältet, weil die Brasilianer ihre Busse bis auf 15 Grad runterkühlen.... Das ist absolut tödlich, weil man ganz bestimmt nassgeschwitzt ist, jedesmal wenn man einsteigt oder der Motor ausgeschaltet ist.

 

In Ilheus hat uns Fabio mit dem Auto abgeholt und ist mit uns schnurstracks auf sein Land im Dschungel gefahren. Und da wohlen wir uns jetzt wie die Könige im Paradies: den ganzen Tag gibt es frische exotische Früchte wie Mango, Ananas, Kakaofrucht und viele andere mit unaussprechlichen Namen. Kokoswasser und Bananen direkt vom Baum, eeeendlich wieder sauberes Wasser aus der Quelle, das Meer ist gleich nebenan und wir holen uns fast täglich Fische direkt vom Fischer. Manchmal zucken sie noch, wenn die Fischer sie uns verkaufen, direkt von ihren aus Stämmen zusammengezimmerten Booten, mit denen sie den ganzen Tag auf See sind.

Ja, Rio hat uns vergiftet, ich hab schon Pickel bekommen von der vielen Scheisse die ich essen musste, und nun tun wir uns wiederherstellen und genesen, denn bei Götti Fabio wird gute, ganzheitliche Ernährung mit organischem Superfood  grossgeschrieben. Wir sind natuerlich seine Gäste, und er wird nicht müde uns feinstes Essen und schweizer Käse und wasweissich für Spezialitäten auffzutischen. Mmmmhhhh das ist doch der beste Götti auf der ganzen Welt. Wie gut uns das tut! Und die Ruhe im Dschungel - der nie wirklich ruhig ist, sondern aus dem eigentlich die ganze Zeit höchst psychodelische Töne klingen - und das absolute Fehlen von Gaggi auf dem Boden streicheln meine Sinne und mein armes, rio-verseuchtes Herz. Auch Damaris ist glücklich, kann endlich wieder auf die höchsten Bäume klettern und im Badeteich baden..... aaahhh ist das herrlich, wenn`s so heiss ist wie hier in Bahia. Täglich ueber 30Grad.....

Lieblingsplatz


Was fuer ein wunderbares Grüppchen wunderschöner Menschen, die wir da so zur Zeit bei Fabio leben, 5 grosse Jungs und ich und mein kleines Mädchen. Ich fühle mich wohl mit diesen Männern, die so ruhig und ausgeglichen sind, alle das pure Gegenteil von Angel... Sie sind ruhig und verantwortungsbewusst, sie sind Europäer und haben Geld, um ins Auto zu steigen und zu besorgen was fehlt. Sie beteiligen sich alle an den Haushaltsarbeiten, putzen und kochen, spielen mit Damaris und sind sehr zuvorkommend und gentlemanlike zu mir. Sie rauchen wahnsinnig viel - ich war die letzten paar Tage ein bisschen knocked-out deswegen.....  Aber ich kann nicht mehr mithalten, ich darf nur noch abends rauchen, sonst bestehen meine Tage nur noch aus Siesta und ich vergesse alle und alles... huiiii.

 

Sowieso - an dieses Beach-Life kann man sich wahnsinnig schnell gewöhnen.... nur nicht an den Sand überall..... :P

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Von Quallen befallen


So haben wir friedliche und total relaxte Tage mit den Jungs im Dschungel verbracht. Zu Weihnachten sind noch viel mehr Leute gekommen. Viel nacktbaden im kleinen See, viel gutes Essen. Onkel Leo ist Damaris bester Spielgefährte geworden. Er ist regelrecht verliebt in sie. Er nennt sie Pippi, wie ich sie eigentlich schon ihr ganzes Leben lang nenne, aber jetzt rufen sie alle so. Mich nennen sie "Fufu", das ist leichter auszusprechen. Pippi blüht zusehends auf und wird jeden Tag wilder und hübscher. Sie ist allerdings zur bedingunslosen Vegetarierin konvertiert, ich nehme an, weil einige der Fische noch gezuckt haben, als wir sie kauften.

Pippi und Onkel Leo
Pippi und Onkel Leo

Um auch mal auszugehen sind wir dann zweimal nach Itacaré gefahren. Itacaré ist ein allerliebstes Touristendörfchen mit vier Stränden. Da haben wir uns in einem Hostal einquartiert, fein gegessen und nachts mit schönen Menschen Bier getrunken und gute Musik gehört. Urlaub halt.

Itacare


Sonnenuntergang in Itacare
Sonnenuntergang in Itacare

Eines schönen Tages am Strand ist dann das Unglück passiert....

Alles war friedlich, wir baden im Meer um der Mittagshitze zu trotzen. Pippi spielt im seichten Wasser am Ufer. Plötzlich fängt sie an zu schreien wie am Spiess! Und sie hört nicht wieder auf. Der Pegel schraubt sich in 3 Sekunden auf Alarmstufe Rot. Ich renne zu ihr hin. Sie schreit: "Eine Schlange hat mich gebissen!! Mein Bein!! Es brennt!! Aaaaaahhh!!! WAS IST DAS???!!!" Ich denke: Qualle! Aber viel mehr kann ich nicht denken, sie schreit auf einer hirntötenden Frequenz. Mein armes Kind leidet Höllenqualen und ich kann nichts tun, sie lässt mich sie nicht anfassen, auch kann ich das Ausmass der Verletzung nicht erkennen. Leo kommt angerannt, aber auch er kann ihr nicht helfen. Hilflos steht er neben seiner geliebten Pippi, die immer lauter schreit. Ich sehe in Leo's Augen, dass ihm ebenso das Herz zerreisst wie mir. Jetzt kommem vom ganzen Strand Brasilianer jeden Alters angerannt. Sie schreiem alle auch, fast ebenso laut wie Pippi. Sie schreien "Agua Viva!!" Qualle. Und "Xixi!!!!" Pisse. Ja richtig, das hab ich doch schon im Fernsehn gesehn, Quallenverbrennungen behandelt man mit frischem Urin! "Pippi!!" schreie ich jetzt auch. "Du musch drüberbisle!" Sie schaut mich entsetzt und verständnislos an, ohne dabei mit Schreien aufzuhören. Klar, sie kann jetzt nicht. Die Menschenmenge um uns herum richtet ihr Urin-Geschrei jetzt an mich. Aber ich kann auch nicht!! Ich war grad eben schon! Leo denkt, ich verstünde das portugiesische Geschrei nicht. "Sie muss sich über das Bein pissen" fleht er mich auf spanisch an. "Sie kann nicht!!" "Dann musst du es tun!" "Leo, ich kann wirklich auch nicht!!!" Ich sehe ihm in die Augen. "Leo, du musst es tun. Bitte!!" Das Geschrei um uns herum steigert sich zum Crescendo. "Okay. Ich machs." Leo sieht mich an, als ob diese Entscheidung unser aller Zukunft verändern könnte. Ich bin wahnsinnig froh das jemand mein Kind retten wird, und gleichzeitig denke ich: "Oh mein Gott, holt der jetzt sein Ding raus und pisst meine Tochter an??" aber Leo zückt von irgendwoher einen Plastikbecher und verschwindet. In diesem Moment liebe ich ihn für seine Geistesgegenwart. Jemand hat inzwischen literweise gekühltes Wasser gekauft, was Pippi Linderung verschafft. Die Verbrennung zeichnet sich inzwischen deutlich ab, in Form eines Fangfadens, der sich um das Bein gewickelt hat. Als ich Pippi erkläre, dass wir im Begriff sind, Leos Pipi über sie zu giessen, schreit sie wieder volle Pulle los. Klar, nebst kaltem Wasser haben die hilfsbereiten Brasilianer auch schon Sonnencreme und Essig an ihr ausprobiert. Alle sind sich jedoch einig, dass Xixi das Beste sei. Pippi besteht auf kaltem Wasser und wehrt sich wie ein Tier, aber um sie zu retten halten wir sie fest und leeren Leo's Pipi über ihr Bein. Sie schreit. Dann reicht es ihr. Schreiend befiehlt sie mir, mit dem Wasser zu folgen und humpelt weg von der Menge in den Schatten. Dort fährt sie schreiend fort, sich kaltes Wasser übers Bein zu leeren. 

Nach ein paar Minuten hört sie überraschend auf zu schreien und verkündet, der Schmerz lasse langsam nach. Leo flüstert mir besorgt zu, dass er befürchte sie werde danach nie wieder ein Wort mit ihm wechseln, wegen der Pipi-Sache. Aber ich kann jetzt wieder klar denken, weil Pippi endlich still ist, und wische seine Bedenken weg: "Leo, los ab zur nächsten Apotheke!!"

Leo lädt sich die leidende Pippi auf den Arm und wir rennen los. Wir fragen Passanten nach der nächsten Apotheke, welche immer gleich um die nächste Ecke sein sollte, aber es ist trotzdem sehr weit, so rennend in der Hitze. Pippi jammert, sie fühle wie ihr das Gift ins Gehirn steige und sie werde gleich ohnmächtig. Leo jammert, ihm fallen gleich die Arme ab.

Als wir endlich in die Apotheke stürzen, erfasst die hübsche junge Bedienung sogleich die Situation und gibt uns eine kühlende Salbe, die alles wieder gut macht. Sie prophezeit einen Tag Fieber für Pippi und dann sei alles wieder in Ordnung.

Aber Pippi ist eine Piratin, zäh, stark und tapfer. Sie bekommt kein Fieber und nach einer Stunde zieht sie Onkel Leo schon wieder an den Rastas um ihn zu ärgern. Wir atmen auf, sie ist wieder die Alte. Die Chichi-Sache trägt sie uns auch nicht nach, uff. Unsere Nerven sind am Arsch.

 

Aber was haben wir noch Tage später gelacht.... Leo hat sie immer wieder aufgezogen: "Leo gemacht Pipi auf Pippi!!"

Tja, damit muss sie jetzt wohl leben...

Quallenqual


Diese Aufnahmen enstanden zwei Tage nach dem Angriff. Anfangs waren das schon tiefrote und geschwollene Verbrennungen. Aber Urin wirkt Wunder, ich sags euch....

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Universo Paralello


Ich wäre niemals von mir aus mit dem Kind an so ein grosses Techno-Festival gegangen. Nun hat sich das aber so ergeben, ich bin einfach mitgeflowt. 

 

Zuerst haben wir dank Kinderbonus die sechsstündige Warteschlange am Eingang übersprungen. Dafür haben wir dann drinnen genau so lange auf die Jungs gewartet, weil wir auf dem riesigen Gelände gleich verloren gegangen sind. 40 000 Menschen, einige Kilometer Strand, überall Sand. Das Gehen, vor allem mit Rucksack, geht übelst an die Muskeln.

Ich bin von Natur aus ein Schattengewächs. Deswegen war mein Festival in Wirklichkeit eine einzige grosse Überlebensstrategie. Denn Schatten ist rar und hart umkämpft, Wasser noch viel rarer, und das Thermometer klettert schnell mal auf 40 Grad im Schatten. Also Tagwache um halb sechs morgens, weil es dann im Zelt zu heiss zum schlafen wird. Duschen sind vorhanden, sie sind allerdings nachts nicht zu empfehlen, weil dann Brazilian Night Shower abgeht, da kann einem alles passieren.... Morgens finden sich dann oft Scheisshäufchen in den Kabinen, was Pippi zutiefst entsetzt hat. Das Duschwasser ist glücklicherweise kalt, aber es wurde aus den Mangroven heraufgepumpt, und es riecht stark nach .... Schwefel. Den Geruch kriegt man nicht mehr aus den Haaren. Gegen Ende des Festivals verschlimmerte sich dieser Geruch bis ins Unerträgliche. Dafür sind die Toiletten immer sauber und die Fäkaltanks werden gekühlt, anders wär der Gestank auf dem Platz wohl nicht zu ertragen....

Die frühen Morgenstunden, die temperaturmässig noch zu ertragen sind, muss man nutzen um zu Frühstücken und sich mit Kokoswasser einzudecken, vor allem aber, um sich einen Schattenplatz am Meer zu sichern. Da geht wenigstens ein kūhlender Wind. Das Meer selber ist heiss wie Pisse und die Wellen brutal stark. Mit Erfrischung ist da nix. Pippi will eh nicht baden, sie fürchtet sich vor Quallen. (Ihre Narbe trägt sie allerdings mit Stolz und zeigt sie jedem.) Also liegen wir wie betäubt unter den Palmen, sehen der Sonne zu, wie sie über den Himmel wandert. Entsprechend rutschen wir unten auf der Erde dem wandernden Schatten nach. Trotzdem sind wir nach ein paar Tagen knusprig dunkelbraun gebrannt. Die Sonnencreme ist dauernd leer. (Ich benutze sonst NIE Sonnencreme!) Aber Vorsicht: Fünf Minuten ohne Schutz unter dieser Sonne; Zägg - Sonnenbrand.

Onkel Leo sieht schon aus wie ein Hummer, ausserdem leuchtet er warscheinlich im Dunkeln.

Mittags gehen wir essen, danach wieder ins Camp. Leo hat ein paar Eingeborene dafūr bezahlt, uns ein Schattendach aus Bambus und Palmblättern zu bauen, deswegen können wir da den Nachmittag überleben, mit viel Duscheinlagen um sich auf Betriebstemperatur zu halten. Ca. um fünf Uhr abends lässt die Sonne nach und die einsetzende Kühle ist wie eine Offenbarung, eine derartige Wohltat, dass man nur schon davon freudig und unternehmungslustig wird. Allerdings nicht lange, denn von der Hitze des Tages sind wir hundemūde und wir mūssen die Nacht nutzen, um zu schlafen. Im Zelt ist es oft auch nachts zu heiss, so schlafen wir draussen, immer noch im Bikini, voller Sand und Ameisen.

Das Festival geht mir wahnsinnig ins Geld, denn sogar für Trinkwasser muss man horrende Preise bezahlen. Pippi wächst glaubs grad, sie isst ungefähr dreimal soviel wie ich, vier warme Mahlzeiten pro Tag. Zum Glūck gibt es Elfenpizza, die mit Abstand beste Pizza der Welt. Und das Beste ist: Kinder essen gratis!! Und ich auch..... Danke, Elfi!!!! Gott schütze euch! Dank der Herzensgüte der Elfen und täglich zweimal Pizza konnte ich mein Budget schonen. Auch Leo hat mich sehr unterstützt, ohne ihn wären die letzten Wochen sehr viel mühsamer gewesen. Unermüdlich spielt er mit Pippi, kauft ihr Essen, Kleider und Schmuck, macht sie glücklich und mich somit auch. Sie hat schon ewig nicht nehr mit Kindern gespielt, ohne Leo wäre das schon längstes in einem Fiasko ausgeartet. Aber er spielt unermüdlicher mit ihr als jedes Kind. Eines Tages machen wir ihr Pippi-Langstrumpf-Zöpfe mit Draht, danach kennt sie jeder am Festival und die kleine Prinzessin wird noch mehr verwöhnt.

Leo und Pippi, beide mit Zoepfen
Leo und Pippi, beide mit Zoepfen

Eigentlich schlafen, essen und ūberleben wir nur. Das Festival geht sieben (!) Tage lang. Am Schluss habe ich mich wider allen Erwartens an die Hitze gewöhnt. Party und Drogen wären für mich allerdings auch ohne Pippi nicht möglich gewesen. Sogar für Rauchen und Trinken war es zu heiss für mich. Von Tanzen ganz zu schweigen. Ich war nicht ein einziges Mal auf einem Dancefloor.

Das Schönste war das Zusammensein mit der grossen Freundesfamilie, die ich schon lange von anderen Festivals kenne. Trotzdem waren wir froh, als wir wieder abreisen konnten. Ein paar Tage zum Waschen und Erholen bei Fabio Daheim, dann gehts auf die Insel zum Afterchill, wo die Festivalfamilie sich schon versammelt hat.

Auf der Heimfaht sind wir an einem herrlichen roten Comby vobeigefahen, auf dem "Zu verkaufen" stand. Ich so: "Stoooopp!" und wir haben den Fahrer angehalten, für 3000 Euro wär er meiner gewesen. LEIDER war er am nächsten Tag schon verkauft. Wie, ich dachte, in Brasilien passiert nix von heute auf morgen? Offenbar kam da einer daher mit ner Menge Bargeld in der Hand....

Das hat mich in tiefe Depressionen gestürzt. Schon vier Monate unterwegs,  und noch immer konnte ich meinen Traum nicht verwirklichen. Schon ungefaehr 300 Combys hatten wir schon in Aussicht.

Ob ich das überhaupt jemals schaffen werde?

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Moreré

Amoreré


Immer noch gebeutelt von der jüngsten Comby-Enttäuschung bin ich wieder in Fabios Auto gestiegen. Dann auf ein Boot, dass uns nach Boibepa fuhr, eine Insel vor der Küste. Dort sind wir per Traktortransport nach Moreré gefahren, ein winziges Dörfchen direkt am Meer.

Moreré


Moreré! Wie das nur schon klingt. und es ist total zum Verlieben hier. Schattige Strände, Häuser direkt am Meer mit wunderschönen Gärten. Das Meer ist warm wie eine Badewanne, total flach mit sanften Wellen und bei Ebbe zieht es sich weit zurück. Überall kleine Restaurants und viele Freaks vom Universo, die sich hier erholen. Unsere Familie ist auch da. Sie haben sich ein wunderschönes Haus am Strand gemietet. Falls ihr jemals schöne Ferien mit euren Liebsten machen wollt - geht nach Moreré...

Falls ihr nicht wisst wo ihr Urlaub machen wollt:


Nach einer Nacht im Zelt, mit starken Regengüssen, (stellt euch vor, ein halbes Jahr hat's nicht geregnet - und dann komm ich an und es schiffet in Strömen. Abuela Grillo lässt grüssen...) wollte Fabio auch so ein tolles Haus haben und hat uns prompt eins organisiert. Zusammen mit 14 anderen Freaks sind wir in einen luxuriösen Palast gezogen. Im Freudentaumel über diese Steigerung des Lebensstandards haben wir ausgiebig gekocht, geduscht und Hippiefeste gefeiert. Pippi hat sich sooo fest gefreut über unser eigenes Zimmer, die vielen Spielsachen im Haus und vor allem über eine Riesenschachtel Caran d'Ache Buntstifte, dieselben wie sie für ihre Kunstwerke benutzt. Sie hat mit Puppengeschirr ein Restaurant für die vielen Besucher eröffnet und das Haus tagelang nicht mehr verlassen. Sie hat die Gelegenheit genutzt um krank zu werden, und ich habe sie hingebungsvoll gepflegt. 

Unser Luxus-Haus


Boa Familia!  (Beautiful Family)
Boa Familia! (Beautiful Family)

Nach ein paar Tagen ist mir aber trotz der paradiesischen Zustände schrecklich langweilig geworden. Innerlich habe ich mein Singledasein beklagt und hätte schaurig gerne jemanden gehabt, um mit ihm in dieser herrlichen Kulisse rumzuknutschen. Das wäre jetzt auch zu schön gewesen und ein ultimatives Tüpfelchen auf dem i von Paradies.

Aber nein.

Auto hab ich auch immer noch keins.

Und auch keinen Plan.

Ich fühle mich ...gestrandet.

Soifzg.

We love

-

because

it's the only

true adventure.

Pippi hat ein Mandala aus Blumen gemacht, die sie alle vom Boden aufgesammelt hat.....
Pippi hat ein Mandala aus Blumen gemacht, die sie alle vom Boden aufgesammelt hat.....

Leider läuft es nicht so gut mit Pippis Schulbildung. Es ist ausgesprochen schwierig, sie mitten im Paradies zu Mathe zu zwingen. Das letzte Mal ist sie mit dem Heft in der Hand eingeschlafen. Dafür beweist sich der natürliche Drang des Kindes, zu lernen, und ich muss den ganzen Tag Fragen beantworten wie: "Was ist ein Paralelluniversum?", "Wie funktionieren Ebbe und Flut?", " Haben Fische Penisse?", "Was ist ein Hirnforscher? Und wenn wir grad beim Thema sind, wie funktioniert ein Hirn?", "Was unterscheidet Menschen von Tieren?" und "Wer war Willhelm Tell?"

Also eigentlich pauken wir ständig allerfeinsten Schulstoff. Nebenbei zeichnet sie derart viel, das sie von Tag zu Tag sichtbare, höchst erstaunliche Fortschritte macht und immer virtuosere Kunstwerke erschafft. 

In diesem Kind steckt eine grosse Künstlerseele.

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Vale do Capao

Chapada Diamantina


Zurück auf Fabio's Land haben wir uns mit Shaista, einer Freundin aus Indien, zusammengetan und ein Auto gemietet, einen Volkswagen Gol, um damit nach Capao in die Berge zu fahren. Die Fahrt verlief gut, wir haben in einem schrecklichen Motel übernachtet und sind anderntags in Capao, einem kleinen Dorf fernab von asphaltierten Strassen, in der Hochebene der Diamanten, angekommen.

 In Capao sind wir 6km ausserhalb des Dörfchens bei Shasha eingezogen, die ebenfalls ein Stück Land besitzt, zusammen mit ihrem Ex-Mann Markus und ihrem Sohn Nagual. Für Pippi ist in diesem Moment ihr grosser Wunsch nach einem Spielgefährten, der ihre Sprache spricht, in Erfüllung gegangen, denn Markus ist Österreicher und sein fünfjähriger Sohn spricht sehr gut Deutsch.

Nagual und Pippi verstehen sich hervorragend, sie spielen ununterbrochen miteinander auf allerschönste Weise, draussen in der wilden Natur und am Fluss, denn Shashas Familie wohnt im Wald, und man gelangt dorthin nur, indem man den Fluss überquert. Es gibt ein kleines Häuschen mit gedeckter Veranda, aber in dem winzigen Zimmerchen werden nur wichtige Sachen aufbewahrt. Shasha und Markus wohnen in Tipis, es gibt eine gedeckte Aussenküche und wir beide wohnen - wie immer - in unserem Zelt.

Shashaland


Leider hat mich wieder der Fluch der Abuela Grillo getroffen - gleich nachdem wir angekommen sind, geht der Regen wieder los. Was sag ich, Regen - das ist eine Sintflut!! Eine Woche regnet es ununterbrochen, das ständige Getrommel auf Dach und Blachen artet sich zur Folter aus. Ich verstehe nicht mehr, was meine Freunde sagen. Wir hören auch nix von den Filmen, die wir uns reinziehen, weil es ständig so laut ist. Das Überqueren des Flusses wird unmöglich, wir rationieren das Essen. Wir langweilen uns zu Tode, ausser die Kinder natürlich, die ständig glücklich in ihr Spiel vertieft sind. Alles wird feucht, das schlimmste ist, jeden Abend in ein feuchtes Bett kriechen zu müssen. Es gibt keine Möglichkeit, unsere Sachen zu trocknen. Nach ein paar Tagen fängt alles an zu schimmeln.... Ich muss mein Zelt wegwerfen, meine Unterhosen, meine Schuhe, meine Handtasche, mein Necessaire... Ich glaube, mein Herz schimmelt langsam auch. Mein Gemüt drückt sich zu Boden. Mein Energielevel fällt so tief, dass ich krank werde. Aber offenbar liegt es nicht an mir, dass es so heftig regnet - sie sagen, das sei in Brasilien seit 40 Jahren nicht mehr passiert und Schuld sei das Wetterphänomen "El Nino"............ mann. 40 Jahre lang schönes Wetter und dann komm ich...... fuck that.

Fuck El fucking Nino.

Nagual im Regen
Nagual im Regen
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Autot

Shit happens


Wer denkt, ich sei wegen des Regens vom Unglück verfolgt worden, soll eines Besseren belehrt werden. Das Unglück hat gerade erst angefangen, als der Regen langsam aufgehört hat.

Unser ungeliebtes, kraftloses, gemietetes Auto ist nämlich im Schlamm stecken geblieben, wir konnten von Shashas Haus nicht mehr zurück ins Dorf fahren. Naja, dieses Problem hätte sich mit dem nächsten schönen Wetter von selbst erledigt. Aber leider hatte das Auto am nächsten Tag einen Platten, warum auch immer, es stand ja da nur im Schlamm. Egal, wir haben einen Ersatzreifen. Blöd nur das wiederum am nächsten Tag, als Shaista den Reifen wechseln wollte, schon 3 (!) Reifen platt waren. Wie ist das nur passiert? Shaista, wohl immer noch im Schock, will den Fluss überqueren, um mir die Schreckensnachricht zu überbringen, und fällt dabei in die starke Strömung. Estupida!! Sie ist heil wieder aus dem Fluss gekrochen, nur leider, den Autoschlüssel hat sie im Wasser verloren. Aaaaarrrrggghhhh........

 

 

Da das Schlüsselproblem eindeutig ihr Fehler ist, setzt Shaista sich mit dem Dorfmechaniker in Verbindung, damit dieser die Reifen flickt und das Schlüsselproblem löst. Leider leider ermächtigt sich der Mechanikergehilfe, ohne dass er dazu aufgefordert worden wäre, allein zu unserem Auto zu gehen und diesem - stöhn - die Scheibe einzuschlagen. So, Auto offen, Problem auf brasilianisch gelöst.

 

Das ist jetzt also wirklich blöd.

Oh Gott. Oh bitte nicht.

 

Autsch. Jetzt sind wir hier gefangen, das ganze Dorf weiss, was mit unserem Auto passiert ist, und mir bleibt nur zu hoffen und zu bangen während Shaista täglich mit dem Mechaniker streitet, auf indische Art natürlich. Das kann sie eindeutig besser als ich. Ich und Markus tauchen dafür nackt im kalten Fluss und suchen den Schlüssel... vielleicht liegt er ja zwischen den Steinen..... wir sehen sicher lustig aus. Die Kinder lachen sich kaputt.

 

Challenge! Was einen nicht umbringt, macht einen stärker, und voraussichtlich werde ich an diesem Autoproblem nicht sterben. Shaista ist, obwohl sie offenbar eine ständige Pechsträhne in ihrem Kielwasser hinter sich herzieht, trotzdem meine geliebte Freundin und Schwester, und zusammen boxen wir uns da durch.

 

Meine Laune aber ist auf einem Nullpunkt, ich bin unentschlossen, verwirrt und unglücklich. Ich bin schon seit zwei Wochen hier und alles läuft Scheisse. Oft denke ich über meinen halbgescheiterten Comby-Traum nach..... ich glaube, ich muss das durchziehen. Ich habe so keinen Bock mehr auf abhängig sein, in Zelt und Hostals leben, Regenzeit und schon gar nicht auf öffentliche Verkehrsmittel. 

Inzwischen habe ich eine Freundin, Pamela, in Sao Paulo, der besten Adresse um ein Auto zu kaufen. Ausserdem hat sie Freunde die Autohändler und Mechaniker sind, ich könnte bei ihr wohnen.....

 

Jetzt muss nur dieses dumme Auto wieder heil werden, dann bringen wir es zurück und dann gehts los. Nach Sao Paulo.

 

Follow your Dream.... however.

 

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capAUA


Obwohl die Sonne wieder erschienen ist und Shaista die Wiederherstellung unseres Mietautos veranlasst hat, wollte ich nicht mehr so richtig froh werden. Das schlechte Wetter hat wohl Schimmelsporen in meinem Herz hinterlassen. Irgendwie läuft alles gar nicht gut für mich hier in Capao.

Die Sache mit dem Auto ist nämlich noch nicht ausgestanden. Nach wie vor hat es einen Riss in der Stossstange, der jedesmal grösser wird wenn wir auf den Holperstrassen wieder mal den Boden küssen. Ich fühle mich gar nicht wohl mit der Verantwortung für diese teure Maschine. Noch dazu mit einer rasenden Inderin am Steuer. Dieselbe Inderin hat auch meine Tasche verloren, als sie vor Wochen das Auto ausgeräumt hat, weil es mit eingeschlagener Scheibe am Strassenrand stand. Darin waren meine Brille, mein Tabakvorrat und vor allem alle meine Schmuckfedern und Leder- und Bastelsachen. Diesen Verlust verkrafte ich nur schwer.

Ich hasse, wenn ich etwas verliere.

Und auch das schöne Wetter und das geflickte Auto ändert nichts an der traurigen Tatsache, dass ich auch nach 3 Wochen immer noch nichts von der atemberaubenden Natur der Chapada Diamantina gesehen habe. Jetzt, wo wir endlich loswandern könnten,  verstaucht sich Pippi beim ersten Ausflug zum Fluss übel den Fuss. Dann bricht auch noch der Carnaval an.

Ich hasse Carnaval.

Zum Glück bleibe ich hier in Capao weitgehend von ihm verschont.

Ausflug zum Rio da Rodas


Meine allgemeine Depression wird noch verstärkt durch die Abhängigkeit von Shaista. Beide haben wir unseren eigenen Kopf und es ist schwierig, sich abzustimmen. Ich will zurück zu Fabio und Leo, und sie verzögert unsere Abfahrt immer wieder. Ich bin morgens um 8 Uhr ready, sie um 16 Uhr. Überhaupt bringt es mich durcheinander, dass die Freundesfamilie die ganze Zeit gemeinsame Unternehmungen macht, an denen ich nicht teilnehmen kann, weil ich mit Pippi unterwegs bin und anderen Zeitabläufen folgen muss und wir ausserdem soweit ausserhalb des Dorfes wohnen. Dieses Dorf hat auch keine Tankstelle, und uns geht andauernd das Benzin aus.

Eigentlich bin ich nur wegen Pippi so lange hier, die ihren Monat mit Nagual ausgelassen geniesst und endlos mit ihm spielt - auf deutsch.

Ich hingegen will nur noch weg, fahren, und zwar mit meinem eigenen Auto.

Happy Pippi & Nagual


Und dann ist et erschienen, unser "möglicher-zukünftiger-Bus-Nr.751". Hier in Capao, am fucking Ende der Welt. Das hat mich wieder umgekrempelt und fröhlich gemacht. Obwohl ich ihn nicht gekauft habe. Aber ich war nahe dran... nur leider wollte der ominöse Typ ihn mir für ca 4000 Euro verkaufen, das ist sogar in Brazil viel zu teuer für ein Auto von anno 1991. Und dann war es immer da auf diesen Holperstrassen unterwegs... und dann hat auch noch die Zeit gedrängt, von beiden Seiten, denn bald muss ich ja die Mistkarre in Ilheus zurückgeben.... uff. Zum Glück hat mir meine liebe Freundin Piera die Entscheidung abgenommen, indem sie mir verkündet hat, sie wolle mit mir reisen und fliege demnächst nach Sao Paulo, ich solle sie dort bitte abholen.

 

Also ab nach Sao Paulo, dem besten Ort in Brasilien um sich ein Auto zu kaufen.

Mangograb


Es ist definitiv Sommer geworden. Es ist die Zeit der Schmetterlinge, die jetzt massenhaft herumflattern. Es ist heiss. Überall in Brasilien reifen die Mangos an den riesigen, uralten Bäumen. Und unglaubliche Mengen Mangos fallen herunter - und verfaulen. Immer wieder muss man solche Gebiete durchqueren, auf den Wegen, Gärten, im Dorf, fault der Boden. Wenn mann im Dunkeln auf so eine Mongo-Manga tritt, spritzt der Saft hoch am Bein hinauf und verklebt einem die Füsse. Auch sind die Moskitos in der Nähe von Mangobäumen hoch entwickelt, zahlreich und agressiv. Noch schlimmer ist eine Nachtfalterart, die ihre Eier in die Mangos legt. Mit der Stirnlampe nachts herumzugehen wird fast unmöglich. Auch wenn ich sie an der Hand runterbaumeln lasse um möglichst nur den Boden zu beleuchten, beflügeln mich riesige Schwärme von Faltern am ganzen Körper, bedecken mein Gesicht und verfangen sich in meinen Haaren und meiner Unterwäsche. Während ich ein paar Falter aus meinem BH grüble, muss ich unwillkürlich an die vielen Schmetterlinge denken, die derzeit in allen Kühlergrills der grossen Autos stecken. Und als geflügelte Flecken auf den Windschutzscheiben kleben.

Mangobaum in Shashaland
Mangobaum in Shashaland

Auf Shashas und Markus Grundstück gibt es drei solche Mangobäume. Die Früchte sind wegen dem Mottenbefall ungeniessbar. Sie lassen sich aber noch für Beauty-Zwecke auf Gesicht und Haare streichen, was ich täglich praktiziere. Aber man muss etwas tun gegen diese Unmenge faulendes Obst, sonst wird die Fliegen- und Insektenpopulation unerträglich. Also sammle ich jeden Tag die heruntergefallenen Früchte ein und schmeisse sie in ein Loch, das Markus gegraben hat.

Das Loch sieht aus wie ein Grab. Ein Mangograb.

Ich streue Kalk und Erde über die halb toten, halb schon wieder lebendigen Früchte.

Friede mit euch allen, ihr faulen Mangoeier.

Mangograb
Mangograb

Ich fühle fast schmerzhaft, wie sich der allgegenwärtige Geruch nach verfaulter Mango in meine Hirnrinde eingräbt umd sich verbindet mit dem Bellen und Schreien der Frösche, mit dem Flattern der Motten und dem Beissen der Mückenstiche, und daraus langsam eine sehr persönliche 3-D-Erinnerung an Capao entsteht.

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Back to Beach


Schlussendlich sind wir dann endlich abgefahren zurück zu Fabio und Leo. Es war eine haarsträubende, anstrengende Fahrt durch das nächtliche Bahia. Als ich um fünf Uhr morgens ins Häuschen stolpere, ist Leo schon wach und begrüsst mich freudig. Wie schön wieder "Daheim" zu sein!

Es sind wieder viele Freunde versammelt bei Fabio daheim, und es ist zu Pippis Entzücken ein siebenjähriges Mädchen dabei, sie heisst Cristal. Ich stelle fest, dass Pippi inzwischen ziemlich gut Spanisch spricht, ausserdem fängt sie auch an Englisch zu verstehen. Juhuu! Endlich.

Wir geniessen ein paar Tage mit dem Götti am Meer, baden viel im See und relaxen. Aber nicht nur. Wir bringen auch das dumme Auto zurück. Natürlich müssen wir die Stossstange bezahlen, aber dafür bemerken sie die vielen kleinen Kratzer an den Seiten nicht. Ich bin einfach nur gottenfroh, die Verantwortung los zu sein.


Ich miete nie mehr in meinem Leben ein Auto.

Dann habe ich versucht, mein Visa zu verlängern. Bei der Einreise bekommt man drei Monate, und die sind nun schon fast um. Wie schnell die Zeit vergeht! Aber unglücklicherweise ist es seit letztem November nicht mehr möglich, sein Visa um drei weitere Monate zu verlängern. Shit. Das bedeutet, wir werden bald illegal in diesem Land sein. Das ist nicht weiter schlimm, wir müssen einfach bei der Ausreise eine Busse bezahlen. Viele Leute hier sind jahrelang illegal. Trotzdem doof.

Und dann hab ich uns einen Flug nach Sao Paulo gebucht. Wenn ich es dort nicht schaffe, mir einen Bus zu kaufen, gebe ich auf.

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Sao Paulo

Letzter Versuch


Um neun Uhr abends sind wir dann in Sao Paulo eingetroffen. Blöderweise habe ich auch noch meine Ersatzbrille im Flugzeug verloren. Deswegen schreibe ich diesen Blog für Euch mit verkniffenem Gesicht, um mein schwaches Auge zu schonen. (Ich hoffe, Ihr wisst das zu schätzen.) Sao blöd, jetzt muss ich auch noch eine neue Brille organisieren. Aber zuerst kommt obendrein auch noch nur einer unserer zwei Rucksäcke aus der Gepäckausgabe. Ich spähe hinter die Plastiktrennwand des Gepäckbandes und finde - auf dem Boden - einen unserer Hulahoops!! Also gehe ich auf den Fuzzi von Avianca los bis der zwei bekiffte Arbeiter veranlasst, nochmal zum Flugzeug zu gehen und meine andere Tasche zu finden. In desolatem Zustand bringen sie sie mir. Mein anderer Hulahoop bleibt verloren. Wieso verliere ich soviel Zeugs? Auch Pippi meldet laufend neue Verluste.... Ich glaube, ich reduziere mich auf´s Wesentliche. Aber meine Brille war schon auch wesentlich für mich......

Dann muss ich ein sehr teures Taxi nehmen, um zum Haus meiner Freundin Pamela zu gelangen. Die Grosstadt trifft mich mit voller Wucht. Oh my Gosh. Wenigstens bleibt uns diesmal die Favela erspart. Pamela wohnt in einem Apartmenthaus, das von hohen Zäunen umgeben ist, mit einem bewachten Tor davor. 

Pamelas Wohnung ist nicht verschimmelt, sauber und gerade gross genug für sie und ihre beiden Mitbewohner, Geovani und Gustavo. Jetzt schlafen Pippi und ich auch noch in ihrem Zimmer, und in ein paar Tagen kommt Piera dazu. Und Pamelas Freund ebenfalls. Da kommen wir uns bestimmt näher. Aber wir sind sehr glücklich, hier zu sein! Veränderung tut gut. Ich bin nicht mehr miesepetrig, sondern wieder entspannt und hübsch  und gelassen, und so geniesse ich die Zeit mit Pamela und die gute Internetverbindung auf ihrem Laptop, um meinen Blog zu aktualisieren.

Pippi beschliesst wieder einmal, das Haus nicht zu verlassen. Wahrscheinlich weil wir sonst immer im Zelt wohnen, mag sie den Luxus einer ganzen Wohnung mit Wasserklo und Internetanschluss bis zum geht-nicht-mehr  ausreizen. Sie moechte sogar einen neuen Weltrekord aufstellen im nicht-aus-dem-Haus-gehen......

Ich kanns verstehen. Weil wir hier eher in einem mehrbesseren Viertel leben, muessen wir weit gehen um billig Essen einzukaufen. Alles ist wieder kompliziert und weit weg. Die Menschen hier im Viertel lassen sich das Essen und alles Andere per Telefonbestellung ins Haus liefern. Draussen ist es heiss und stressig, in der Wohnung einigermassen kuehl und ruhig.

Aber es regnet nicht! Ausser einigen beeindruckenden Gewittern jeweils am spaeten Nachmittag ist es trocken hier..... juhui!

 

Ausflug in den Park Ibirapuera


Mein Portugiesisch macht grosse Fortschritte, jetzt da ich mit lauter echten Brasilianern zusammenlebe. Eigentlich ist es sehr einfach.... und so much Fun! Brasilianer sagen zur Begruessung: Oi! So wie wir Hoi! sagen. Fast genau gleich. und dann die vielen lustigen englischen Woerter, die sie benutzen und sehr eigen aussprechen....... Whatsiappi, Internetschi, Facibooki, Picki-Nicki, Hock na Hou (Rock`nRoll).....

Und sie sagen tatsaechlich Hippi-Hoppi. Echt jetzt.

Pamela spricht auch ein bisschen Schweizerdeutsch. Sie sagt: Fudschi-Taetschi........

Nun da ich wieder von frischem Mut beseelt bin, habe ich bereits im Internetschi ein paar Buessli ausfindig gemacht und kontaktiert. Allzulange werden wir es hier ja doch auch nicht aushalten.... da muss was gehen jetzt.

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P wie ......


P wie Piera oder Pilze


Meine geliebte Piera ist angekommen!! Ich und Pamela haben sie fruehmorgens am Flughafen abgeholt. Seither haben wir´s sehr lustig zusammen. Zum Glueck koennen wir in unserer Geheimprache sprechen und niemand versteht uns, hihi....

 

Die Gute, sie ist eine ganz Lustige. Gleich am ersten Abend hat sie aus Versehen, im heimlichen Schoggirausch am Kuehlschrank, ein verbotenes Schoeggeli gegessen. Sie wusste halt nicht, dass es verboten ist. Daraufhin hat sie stundenlang im Bett seltsam farbige Wachtraeume gehabt, mit Drachen gekaempft und mit dem Teufel Freundschaft geschlossen. Schlussendlich ist es in einem naechtlichen Lachanfall der Stufe knallroter Kopf ausgeartet. Das hat sie tagelang an ihrer geistigen Gesundheit zweifeln lassen, zum Glueck haben wir dann herausgefunden dass SIE es war, die damals die Pilzschokolade gegessen hat, die seit Tagen vermisst wird.

Sie selber findet es vor allem der Gipfel, dass ich waehrend ihres Trips ueberhaupt nicht geschnallt habe, dass die da so drogenmaessig abgeht, ich habe allen erzaehlt, dass das bei Piera furznormal ist, wenn sie so lustig drauf ist und dass sie schon immer ein bisschen schraeg war und man sich keine Sorgen zu machen brauche.  Aber sie lacht ja wirklich oft .... sie ist wirklich eine ganz Lustige.

Und in dem schraegen Secondhand-Laden, in dem wir gelandet sind, hat sie auch eine gute Figur gemacht. Was bin ich froh, dass sie da ist und wir so ein gutes Team sind! Endlich wieder Seich schnurren zusammen und abgackern in der eigenen Sprache. Das geht halt immer noch am Besten.

P wie Pfuu und Pippi


Meine kleine Pippi ist wieder ohne andere Kinder, und das ist immer schwierig fuer uns. Obwoh lsie sich meistens sehr gut alleine beschaeftigen kann und stundenlang Geschichten hoert auf ihrem mp3 und dazu ihre Kunstwerke malt. Aber sie fragt mir dann tagelang  Loecher in den Bauch, will stundenlang schmuusen oder bekommt praepubertaere Anfaelle - alles das weil sie sich langweilt, nehme ich an.

Also habe ich ihr fuer ueber 100 Reals  Malsachen gekauft, um sie gluecklich zu machen. Neue Aquarellstifte, da ihre alten schon ziemlich abgnutzt sind, viel neues Papier, neue Ausmalbuecher und einen Zirkel. Mit dem entdeckt sie jetzt neue Dimensionen von Moeglichkeiten und flasht mit der Blume des Lebens ab. 

Vor zwei Wochen hatte sie ihre erste kuenstlerische Depression, was sie in grosse Aengste gestuerzt hat. Verzweifelt hat sie mir erzaehlt, das ihr die Inspiration fehlt - sie wusste einfach nicht mehr was sie malen sollte! Sie hat sehr gelitten,obwohl wir ihr alle versichert haben, dass das bei Kuenstlern normal ist, wieder vorbeigeht und jedem mal passieren kann. Zum Glueck ist die Inspiration wirklich bald wiedergekommen, farbenpraechtiger und schillernder denn je.

Ich selber bin auch ruhig und ausgeglichen, Sao Paulo ist tausendmal angenehmer als Rio. Hier rennt nicht ueberall die Polizei rum, hier ist die Luft nicht so feucht und heiss, der allgemeine Vibe der Stadt ist durchaus ertragbar. Fuer einige Zeit. Piera faengt schon nach einem halben Tag an zu klagen, dass wir hier verschwinden muessen. Sie hat ja recht, wir duerfens hier nicht verhaengen. Aber es ist schwierig ein Buessli zu finden.... im Internet gibt es viele, sicher. Aber sie sind in der ganzen riesigen Stadt verteilt. Zuerst muss man ihre Besitzer anrufen um einen Termin zu vereinbaren...  dafuer brauche ich Pamela, weil ich amTelefon kein Portugiesisch verstehe. Um die Buessli zu sehen brauche ich auch Pamela, ihre freie Zeit und das Auto ihes Mitbewohners, um zu den weit entfernten Buessli zu gelangen. Diese Konstellation ist schon schwieriger herbeizufuehren. Und schliesslich brauche ich Pamela auch, damit sie das Auto mit meinem Geld in ihrem Namen kauft, weil ich inzwischen illegal bin und meine Unterschrift somit nichts mehr wert ist in diesem Land. Das heisst, ich kann kein Auto auf meinen Namen kaufen oder verkaufen.

P wie Pamela


Pamela, suesse 23 Jahre alt, also 10 Jahre juenger als ich, ist meine kleine Mae (Mami). Sie hat wirklich etwas muetterliches, in ihrer entschlossenen, resoluten Art, mit der sie das Regime in ihrer WG fuehrt, ihre Prinzipien durchsetzt und alle taeglichen Problemchen und Widrigkeiten in Angriff nimmt. Ich vertraue ihr total. Was sie sagt, tut sie auch, sie setzt sich voll ein fuer mich, teilt ihr kleines, bescheidenes Leben mit uns und ist immer offen und direkt. Soll heissen, dass sie manchmal schimpft wie ein Rohrspatz. Auf jeden Fall geht sie Volldampf auf das Leben los. Dabei ist sie eine von der Selfie-Generation, die GoPro-Kamera schwirrt immer um unsere Koepfe oder schwimmt neben uns im Meer. Staendig muessen wir uns fuer Fotos vor ihrem Natel formieren. Man gewoehnt sich daran. Hier in Brasilien sind alle total selfiesuechtig. Pamela schminkt sich auch sehr stark und hat gern die ganze Woche Party - hach, suesse Jugend.

P wie Planaenderung


Pamela setzt sich mit vollem Koerpereinsatz fuer mein Buessli ein, telefoniert, erklaert, fragt sich durch, faehrt mit mir von Amt zu Amt. Aber es wird immer schwieriger und zu allem Ueberfluss ist mein Budget inzwischen ziemlich geschrumpft. Und dann wollte ich doch in ca 3 Monaten wieder nach Hause, zu Euch......  lohnt es sich da echt noch, so ein teures, kompliziertes Buessli zu kaufen? Und dann in drei Monaten, habe ich dann wieder dasselbe Gschiss wenn ich es wieder verkaufen will? Das ist der totale Circle-Walk-Together-Break. Ich fange an zu heulen. Ich habe die Krise wegen der Kompliziertheit der Dinge. Meine kleine Mae bleibt ganz ruhig, setzt sich mit mir hin und sagt sehr kompetent; So Meitli, dann wollen wir mal deine Prioritaeten analysieren und einen Plan ausarbeiten. Und sie machts, wie wenn sie schon lange als Sozi arbeiten wuerde. Mehr noch, als wir den Buessli-Traum begraben aber einsehen, dass wir trotzdem einen fahrbaren Untersatz brauchen, zieht sie los und hat innert Stunden einen kleinen Fiat organisiert, der ihrer Schwester gehoert, und die braucht dringend Geld, und so hat Pamela sie ueberredet ihn mir zu verkaufen. Damit die Schwester nicht traurig ist wegen ihrem geliebten Auto, beschliesst Pamela das Auto von mir abzukaufen, wenn ich wieder in die Schweiz reise.

Jetzt haben wir also eine Figgi und eine Muehle, und eine Win-Win-Win-Situation noch dazu. Ich bekomme sehr billig ein Auto fuer drei Monate und habe keinen Wiederverkaufsstress. Pamela bekommt sehr billig ein Auto, weil ich es ihr natuerlich billiger verkaufen werde und ausserdem kann sie es mir in zinslosen Raten bezahlen. Uuuund einfachheitshalber laeuft das Auto von Anfang an auf ihren Namen. Die Schwester bekommt sehr schnell Geld, und kann ihr Auto spaeter bei Pamela wieder besuchen. Ist das perfekt oder ist das perfekt? Das ist so gut, dass muessen wir einfach machen. Schon einen Tag spaeter steht das Auto vor unserer Tuere, und wir duesen damit los an den naechsten Strand. Genau so haben wir uns das vorgestellt.

Genau so? Natuerlich weicht der Lauf der Dinge sehr stark vom urspruenglichen Plan ab - wie immer. Mein Brasilien-Buessli-Traum ist irgendwie rohrkrepiert. Aber nachdem ich die letzten fuenf Monate soviele Sorgen und Gedanken und Unwoehli hatte wegen diesem Bus, ist es vielleicht besser so. Vielleicht sollte das einfach nicht sein...... Hier in Brasilien braucht man solche Vans nur zum arbeiten, nicht zum Campen und Reisen. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Umsetztung meiner Traumvorstellungen, Kauf und Verkauf. Ich habe herausgefunden, ich haette besser in der Schweiz guenstig eins gekauft und das fuer ca. 500 Fr. hierher verschifft - das haette sich total gelohnt. Das naechste Mal mache ich es so. Wahrscheinlich ist es eh besser, in der Schweiz so ein Buessli zu haben. Mein Traum ist also noch nicht gestorben, er lebt woanders weiter....

P wie Palio


Es ist ein bisschen so, wie wenn man sich im Internet in einen stattlichen Burscht oder eben einen Van verliebt, der in der Kontaktanzeige soooo gut aussieht, und wenn man ihn dann in echt trifft - ist er nur ein kleiner Fiat Palio....... aber man muss nehmen was man kriegen kann, und der Fiat Palio hat wenigstens eine gute Farbe und einen 1.5 Motor...... ich glaub, den kann ich auch liebhaben. Er wird immerhin mein Erster.... 

 

Ich wollte hoch hinaus, wollte einen wilden, grossen und starken Van, aber die Buesslis hier sind einfach zu wild und zu stark und zu teuer und zu weit weg fuer mich. Ich konnte keins von ihnen einfangen. Dieser Fiat hingegen ist ganz handzahm von selber zu uns gekommen und hat sich gleich streicheln und kaufen lassen. That´s Life! Man  muss mit dem Flow gehen....

 

Also herzlich Willkommen in der Familie, kleiner Fiat Palio!!

Die Farbe ist wirklich gut. Hier in Brasilien sind naemlich alle Autos weiss oder schwarz oder silbrig. Hauptsaechlich sind sie weiss und silbrig. Wie schade, und wie langweilig. Es gibt ein paar vereinzelte Rote, ein paar wenige Gelbe.... keine Gruenen oder Blauen. Meins ist tuerkis......... Danke, Universum!

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Prainha Branca

P wie Probefahrt


Pieruschka wollte so ums Verrecken ans Meer,  dass wir kurzerhand einen Ausflug an den Strand gemacht haben. Die Schwester hat uns unser zukuenftiges Auto zur Verfuegung gestellt, und ab gings, samstagmorgens um 6;00.

Vorbei an vielen schoenen Wasserfaellen, mit der Faehre auf eine kleine Insel, von dort zu Fuss eine halbe Stunde nach Prainha Branca. Endlich wieder Beachlife, endlich wieder ein bisschen Farbe auf die inzwischen wieder weissen Koerperli, gut essen........ 

 

Boa Prainha


Eigentlich wollten wir campen, aber unser Prinzessinneninstinkt hat uns gesagt, dass wir ein Zimmer in einer Pousada brauchen. Pamela und ich sind losgezogen und haben alle Pousadas im ganzen kleinen Doerfchen abgeklappert. Frappanterweise war der Preis ueberall der Gleiche. Aber fuer diesen Preis gabs ganz unterschiedliche Angebote, von verschimmelten, stinkenden Hundehuetten mit Doppelbett ohne Ventilator ueber engste Verschlaege ohne Privatsphaere, ebenfalls ohne Ventilator, zum Hostal mit Swimmingpool, eigenen Betten fuer alle und schoen geschmeidig windendem Venti.

Dreimal duerft ihr raten, wofuer wir uns entschieden haben.....

Es war die ganze Zeit bewoelkt, wir haben uns trotzdem die Haut verbrannt, und als wir am Sonntag wieder zurueckgewandert sind, hats puenktlich als wir beim Auto angekommen sind, angefangen wie aus Kuebeln zu giessen. Die Heimfahrt war kein Schleck. Wir alle vier haben von der Wanderung so gedampft, dass die Scheiben beschlagen sind wie in einer Sauna. Die Ventilatoranlage des Autos hat nicht funktioniert, nur ein Bisschen, das in keinem Verhaeltnis stand zum Krach wo die gemacht hat. Die Scheiben konnten wir wegen des starken Regens nicht runterlassen. Ausserdem war Stau, war ja klar. Wir sind also im Dunkeln, schwitzend und heftig die Windschutzscheibe wischend, mit Tempo 30 und halb irr vom Laerm und Geklapper des Ventilators, zurueck nach Sao Paulo gekrochen.

Ein paar Sachen muss die Schwester schon noch flicken, aber dann fahren wir mit dem Chlapf los, Staernefoifi.

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Soooo Saoooo Pauloooo


Wir sind ja immer noch in Sao Paulo.....

Leider braucht unser Auto noch einen Moment, irgendwie haengt das mit einem komplizierten Papierkrieg und fehlenden Dokumenten und Plaketten zusammen. Wir haben damit ueberhaupt nix zu tun. Wir warten einfach. Leben ein alltaegliches Leben auf engstem Raum, mitten im Betondschungel, in Hochhaeuserschluchten. Wir muessen mindestens einmal taeglich das Haus verlassen, um nicht durchzudrehen. Dann streifen wir jeweils in der naeheren Umgebung umher, shoppen, essen Acai oder Tapioca, was auch immer. Piera muss viel oefter raus als wir. Fuer sie ist es viel schwerer. Ich habe die letzten zwei Monate in der allerfreisten Natur verbracht, frierend, schwitzend, kratzend und schimmelnd. Zwischendurch die Annehmlichkeiten der Zivilisation zu geniessen kommt mir grad recht. Aber Piera blanget nach dem Strand, manchmal hoere ich sie quasi nachts den Mond anheulen..... Aber es gibt schon viel zu tun in so einer Grossstadt. Vor allem orientieren muss man sich. Aber ich hab ja jetzt ein Smartphone, was solche Dinge deutlich einfacher macht. Auf Platz Zwei: Uber Taxis. Halb so teuer wie normale Taxis. Kann ich empfehlen.  Dann auch noch zu organisieren: neue Schuhe, Material zum Basteln, wie es es in der Schweiz nicht zu kaufen gibt: Chraelleli, Federn, Leimpistolen, Ketteli... alles was das Herz begehrt in Chinatown. Ich bin wieder ausgeruestet, nachdem all meine Federn und mein Leder verloren gegangen sind. Das ist gut, denn das viele Rumsitzen bringt mich zum Nachdenken. Was tu ich in der Schweiz, um wieder an Geld zu kommen? Natuerlich Schmuck verkaufen, und die coolen Flipflops die´s hier gibt, und die allergeilsten Ausmalbuecher fuer Gross und Klein, zwecks Stressabbau. Die find ich cool. Arbeiten muss ich. Eine Wohnung finden. (Bin um jeden Hinweis dankbar! Auch fuer Jobs!) Jetzt, da die Autosache geklaert ist, kann ich ja eigentlich unseren Rueckflug schon mal buchen, denn der Abflughafen ist ja wohl auch klar. Wir werden im Juni wieder heimkommen! Ich vermisse die Schweiz. Ich freue mich auf den Sommer mit meinen Freunden. Ich will meinen Hund wiederhaben!! Ich bin einfach ein Mensch, der gerne vorausplant.....

Manchmal war uns so langweilig, dass wir angefangen haben, Seich zu machen. Seich wie Fleisch essen, Cocacola trinken, brazilian Waxing praktizieren (Autsch!!) .....usw. Aber jetzt kann ich mich ja wieder kreativ entfalten, das tut der Seele gut. Ich habe schon einige wunderschoene Body-Jewellerys erschaffen!

Trotzdem kann ich nachts oft nicht schlafen...... Zuwenig Action und zuviel Rumsitzen und Nachdenken.

 

Pippi muss zum Zahni. Ihr waechst ein Zahn zuviel und drueckt auf den bereits Vorhandenen. Hoffentlich wird das nicht zu teuer. Aber eigentlich sollte es ja auf Jedenfall billiger sein als in der Schweiz...... der Zahn drueckt schon seit Rio de Janeiro. Jetzt, da wir eh tatenlos in der City festsitzen, sollte ich solche Dinge glaubs in Angriff nehmen.....

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